Verflixt. Ich glaube ich kann über Bier keinen Artikel schreiben. Zumindest nicht ohne moralischen Zeigefinger und die ein oder andere Plattitüde. Dabei möchte ich euch doch nur raten auch hier zu mehr Vielfalt zu greifen. Euch empfehlen anstelle des Massenabfüllers, mal die Mikrobrauereien auszuprobieren. Gerade in Deutschland gibt es da (immer schon) viele, aber auch hier in Österreich gibt es sie. Hier sind sie meist aus junger Hand und folgen dem Trend des Craft Beers [handwerkliches Bier/kreativ Bier], der seit den 70ern und gerade in den letzten Jahren mit vermehrter Kraft seine Kreise ausweitet. Immer mehr Festivals widmen sich dem Thema. So auch in Wien.
Craft Bier. Das sind meist kleine Flaschen. Nicht genormt, sondern individuell gestaltet. Mit bunten Etiketten und schrillen Namen. Das sind bärtige Typen (wahrscheinlich die Urtype des Lumbersexuals, oder wie gewisse Magazine das gerade wieder benennen meinen zu müssen…) und eine wunderbare Wandlungsfähigkeit. Das sind Leute, die ein Getränk hinterfragen und es wertschätzen überrascht zu werden.
Biere die in sonnenuntergangsfarbigen Rottönen erscheinen. Tiefe Schwärze. Flüssigkeiten, die so sämig, fast wie Likör, ganz ohne Schaumbildung und Kohlensäure, über die Zunge rollen. Ein Hauch von Zitronengras. Alles scheint möglich.
Meine erste tiefergehende Berührung mit Craft Bier hatte ich erst dieses Frühjahr. Am ersten Craft Bier Festival Wiens. Dieses Wochenende findet es zum zweiten Mal statt. Wer es von euch Wiener*Innen also noch nicht im Kalender stehen hat, sollte es sich dringend eintragen. Geladen sind über 70 Brauereien aus 11 Ländern.
Craft Bier Fest Wien:
Ehemalige Anker Expedithalle Brotfabrik, Tageskarte 7€ + Jetons für Bierproben
Freitag, 21.11: 15:00-23:30 und Samstag 22.11: 13:00 – 23:30
der moralische Nachsatz
Bier trinken … Es fühlt sich an, als würde ich zaghaft die Büchse der Pandorra öffnen wollen. Alkohol ist gernerell schonmal so eine Sache. Ob man darüber schreiben sollte…Tief emotional, hat wirklich jeder eine Meinung dazu. Ob man nun die Abstinenzler fragt oder gerade in Deutschland, Leute aus zwei Städten gemeinsam über „das beste Bier“ diskutieren lässt. Wenn ich im Rheinland ein dunkles Hefeweizen dem Kölsch vorgezogen habe, dann hat das nicht selten zu grimmigen Blicken geführt.
Wenn in meinem Kopf das Wörtchen Bier mit Bildern hinterlegt wird, dann sind das eher negativ Momentaufnamen. Als jemand der einen guten Teil ihres Lebens im Rheinland verbracht hat und im Februar immer zwischen der Wahl stand den kulturellen Festivitäten des rheinischen Karnevalls zu frönen oder beim Skifahren die wahre Hüttengaudi“ zu spüren, da lauern die Geschichten von schlechtem Humor und Gestank nur so im Dunkeln, gespannt darauf wartend erzählt zu werden. Und hier in Wien bin ich dann wieder mit etwas konfrontiert worden, das mir selbst beim Gedanken daran einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt: Dosenbier. Klar das mag oft die „einfache“ Lösung sein, aber ehrlich, schmeckt das nur meinem Gaumen mehr nach Metall und Leblosigkeit? Kein Wunder also, dass ich mich generell nicht unbedingt als Biertrinkerin bezeichnen würde.
Mit welcher Einstellung konsumiert wird (und das lässt sich beliebig ausweiten) macht glaube ich den wesentlichen Unterschied. Wem es ums betrinken geht, dem kann ziemlich egal sein, was er sich hineinschüttet (mit den entsprechenden Nacheffekten am nächsten Morgen). Wem es um die Freude am Geschmack geht, der wird zumindest öfter darauf achten, was da so ins Glas kommt.