Küchenhaustiere
Unter den Fermenten gibt es einige Sonderlinge. Eine Gruppe davon habe ich Küchenhaustiere getauft. Das ist nicht etwa Sauerkraut, was zwar auch gepflegt werden muss und eine längere Zeit in deiner Speisekammer verweilt, aber wenn es einmal angefangen wurde zu essen, dann sollte es auch verbraucht werden. Ein Ferment gehört zu den Küchenhaustieren, wenn:
Gewisse Zyklen erkennbar sind und immer wieder Nährstoffe hinzugegeben werden müssen (die Fütterung).
Diese Fermente basieren meistens auf einer Lebensgemeinschaft aus Bakterien und Hefen, im englischen wird dies als SCOBY (Symbiotic Colony Of Bacteria and Yeast) abgekürzt. Der SCOBY selbst wird in der Regel nicht gegessen. Es wird unterschieden zwischen Ansatz (den Bakterien samt Nährboden/-flüssigkeit) und dem eigentlichen Produkt, dass durch die Bakterien hergestellt wird. SCOBYs haben eine lange Lebensdauer, oder die Eigenschaft sich zu reproduzieren. Oft werden diese SCOBYs auch Mütter genannt. Einige Fermente verhalten sich ähnlich, ohne SCOBY. Aus einem Küchenhaustier können ganze Generationen von Fermenten entstehen.
einige Küchenhaustiere:
- Tibicos (auch Wasserkefir und Japandiamant genannt)
- Hermann, der Freundschaftskuchen
- Kombucha
- die Essigmutter
- Sauerteig
- Nuka
- Milchkefir
Wie kümmert man sich um ein Küchenhaustier?
Fermentieren ist einfach! Küchenhaustiere hüten und halten auch. Stelle sie an einen ruhigen, nicht zu heißen und nicht zu kalten Ort. Benutze Gefäße aus Keramik, Porzellan, oder Glas mit breiter Öffnung. Decke diese mit einem Stück Küchenrolle und einem Gummiringerl ab. Füttere regelmäßig. Wenn du keine Zeit hast dich für einige Zeit drum zu kümmern, zieht dein Haustier in den Kühlschrank oder den Nachbarn. Und das Beste: In regelmäßigen Abständen wirst du für deine Mühen belohnt: Mit Kuchen, Brot, spannenden Limos und Essig zum Beispiel.
Küchenhaustiere, ganz genau erklärt:
Allgemeine Pflegehinweise
der Name Küchenhaustiere, hat sich in meinem Kopf nicht ohne Grund eingenistet. In der Welt der Fermentation arbeiten wir mit lebenden Organismen. Sie mögen vielleicht nicht ihre Augen weit aufreißen und jammernde Geräusche von sich geben. Deine Aufmerksamkeit wünschen sie sich aber schon, wenn auch nur halb so oft, wie die pelzigen Vertreter. Apropos: Pelz mögen wir genau so wenig auf unseren Küchenhaustieren, wie an den Damen und Herren der Stadt.
Damit sich solche Unliebsamkeiten nicht einschleichen und ihr eure Lieblinge nicht auf ihre letzte Reise schicken müsst, gibt es ein paar grundlegende Punkte, an die es sich zu halten lohnt:
Das geeignete Heim
Wer liebevoll mit seinem Küchenhaustier umgeht, kann es quasi ewig behalten. Deswegen ist es gut, wenn du ein geeignetes Behältnis findest und auch immer dieses für das sepzifische Haustier benutzt. Ab und an ist es natürlich ratsam auch hier mal sauber zu machen, wie bei einer Hundehütte, und das Haustier kurz wo anders unterzubringen.
Besonders geeignet sind wieder-verschließbare Behältnisse aus Keramik, Glas oder Holz, mehr zu diesem Thema unter Allergien.
Diese Fermente mögen Sauerstoff, oder stören sich zumindest nicht daran. Je mehr Oberfläche dein Gefäß zulässt, desto aktiver wird dein Haustier. Die Öffnung sollte mindestens so groß sein, dass du den SCOBY auch wieder aus dem Behältnis entnehmen kannst.
Damit keine Fremdpartikel oder Insekten an dein Ferment gelangen, solltest du die Öffnung mit einem luftdurchlässigen Objekt abdecken. Ich nutze meist einfach ein Stück Küchenrolle und ein Gummiband. Fest verschlossene Gefäße sind gefährlich! Solltest du das Gefäß fest verschließen wollen, mache dies nicht zu lange. Viele dieser Fermente bilden CO2 aus, die Kohlensäure hat die Kraft jedes Gefäß zu sprengen. Wenn du die Flasche regelmäßig kurz öffnest, oder es nur für einen kurzen Transport gedacht ist, geht aber auch das.
Ruhige Ecke
So sehr dein Küchenhaustier dich auch lieb hat und dich gern verwöhnt, es ist eher ein gemütlich, schüchterner Gesell. Gib ihm am Besten ein festes Plätzchen in deiner Wohnung, zu viel Unruhe, sowohl im Gefäß, als auch drum herum (stell dir vor du schmeißt es um!) ist nicht vorteilhaft.
Regelmäßige Abläufe und das Füttern nicht vergessen!
Rituale tun jedem gut. Sie sind etwas, das Struktur in den Alltag bringen. Küchenhaustiere können dir einen Anstoß für solche Rituale liefern. Sie haben einen immer wiederkehrenden Zyklus. Je nach Phase gibt es Dinge die sie sich von dir wünschen. So müssen auch diese Haustiere regelmäßig gefüttert werden. Am besten immer zu ähnlichen (tages-) Zeiten und natürlich mit gleichen Mengen. Wenn es einmal gar nicht geht, wird dein Haustier vermutlich nicht sofort eingehen, aber mal ehrlich, würdest du eine Katze oder einen Hund unnötig hungern lassen?
Regelmäßiger Auslauf
Generell eher gemütlich unterwegs, gibt es natürlich auch unter den Küchenhaustieren bewegungshungrige Sauerstofffanatiker.
Hermann möchte einmal am Tag ordentlich in Schwung kommen. Und auch Tibi wächst schneller, wenn du die Flasche öfter schüttelst und so Sauerstoff in die Lungen der „Tierchen“ kommen.
Besondere Diäten
Die meisten von ihnen ernähren sich von Zucker. Der Zucker bildet die Nahrungsgrundlage und wird in andere Stoffe umgewandelt. Somit ist im Endprodukt meist kaum Zucker enthalten. Das Gleiche gilt für Fermente, die sich von Alkohol ernähren. Für die spezifischen Vorlieben deines neuen Küchenhaustieres, schau doch bitte im passenden Artikel nach.
Allergien
Ja auch Küchenhaustiere haben Allergien. Oder sagen wir Abneigungen. Dieser Punkt lässt sich auf alle Fermente übertragen.
Flüssigkeiten (zb. Säfte) müssen immer ungeschwefelt sein. Zusätze im Wasser können ein Ferment eingehen lassen.
Fermente mögen Metall nicht. Also hantiere soweit möglich nur mit Holzlöffeln. Plastik wäre an sich möglich, allerdings gibt Plastik über die Zeit Partikel ab. Insbesondere bei so etwas aktivem wie einem Ferment und den langen Zeitspannen, werden sich viele Plastikrückstände in dein Ferment einschleichen.
Zum Thema Sieb: Nicht nur Söckchen für Hunde sind so eine dieser Erfindungen, die Außenstehende mit einem großen Stirnrunzeln quittieren. Nylonstrümpfe, die natürlich dann nur für diesen Zweck benutzt werden, sind eine gute, einfache und günstige Variante um flüssige Fermente zu filtrieren. Quasi ein Sieb, das ohne Metall auskommt und sich der der Form von fast jedem Gefäß anpasst.
Einem Ferment sollte nie zu heiß werden. Bakterien sterben ab einer Temperatur von über 60 Grad. Bei Kombucha – hier wird Tee fermentiert – ist es also wichtig diesen abkühlen zu lassen.
Durch die Umgebungstemperatur wird dein Ferment beeinflusst. Teilweise kann das störend sein, du kannst es aber so auch aktiv manipulieren
Auswirkungen von Temperaturschwankungen auf dein Ferment
Am wohlsten fühlt sich dein Küchenhaustier zwischen 18 und 25 Grad. Erhitze dein Ferment auf über 60 Grad und Zack: Du wirst Fermentemörder! Aber schon davor wird es kritisch für das Ferment.
Niedrige Temperaturen machen deinen Haustieren hingegen nicht so viel aus. Als Faustregel gilt hier: Je wärmer deinem Ferment ist, desto schneller arbeitet es – je kälter, desto langsamer.
Fermente im Hochsommer sind somit schneller fertig, als solche im Winter.
Durch einen Ausflug deines Ferments in den Kühlschrank oder sogar ins Gefrierfach, kannst du die Prozesse entschleunigen und somit selbst mal in Urlaub fahren, ohne gleich dein Haustier einem Freund zur Pflege zu geben. Ein kühler Kellerraum oder Speisekammer, kann natürlich auch einen besonderen Reifeprozess für dein Ferment darstellen und es geschmacklich runder machen.
Damit die Fermentation aber überhaupt in die Gänge kommt, braucht es schon Wärme. In der Regel, habe ich meine Küchenhaustiere deswegen in der Nähe von meinem Heizkörper stehen. Einen meiner Zöglinge, habe ich aber sogar schon mal in ein Körbchen mit Wärmflasche gebettet.